t-online Ladezeit

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der Podcast über Elektromobilität

Transkript

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00:00:51: Don Dahlmann: Hallo und herzlich willkommen zu "t-online Ladezeit", dem Podcast rund ums E-Auto und alles, was man dazu wissen muss. Mein Name ist Don Dahlmann.

00:00:59: Richard Gutjahr: Und mein Name ist Richard Gutjahr. Don und ich wir sind Journalisten. Wir beschäftigen uns seit Jahren mit neuer Technologie, mit der Digitalisierung, mit Netzwerken, mit Autos und natürlich mit der Mobilität der Zukunft.

00:01:10: Don Dahlmann: Ja, und in diesem Podcast, da wollen wir Fragen behandeln, die vermutlich jeder von uns hat, wenn man vom Verbrenner umsteigen will zu einem E-Auto. Und das machen ja viele Leute. Und E-Autos sind ja eben auch schon sehr erfolgreich geworden. Mittlerweile machen sie über zehn Prozent aller Neuzulassungen aus. Da sind wir zwar noch recht weit von den 60 Prozent entfernt, die man in Norwegen hat, also da sind 60 Prozent aller Neuwagen schon E-Autos, aber man merkt, dass sich immer mehr Menschen für ein E-Auto entscheiden. Das freut uns natürlich, ganz klar. Aber es gibt auch die Frage, was man mit den vielen Verbrennern macht, die noch als Gebrauchtwagen zum Beispiel unterwegs sind. Einige Experten schlagen dann hier jetzt vor, dass man so genannte E-Fuels einsetzt.

00:01:49: Richard Gutjahr: Genau, das ist unser Thema: E-Fuels. Das sollte man heute vielleicht erstmal vorab erklären, was E-Fuels überhaupt sind. Ich hab mich da nochmal schlau gemacht. Also, das sind synthetische Kraftstoffe und die werden nicht direkt aus Öl gewonnen, sondern in einem sehr aufwändigen chemischen Verfahren hergestellt. Und die Idee dahinter ist, dass diese synthetischen Kraftstoffe mit wenig Aufwand in jedem Verbrenner genutzt werden können. Und wenn die Herstellung dann auch noch mit Ökostrom erfolgt, sei das genauso gut und genauso CO2-neutral, heißt es, wie ein E-Auto. Don, du hast mich überzeugt. Das klingt super.

00:02:27: Don Dahlmann: Ja, das tut es. Aber, wie immer muss man hier einiges beachten. Denn die Herstellung von E-Fuels ist energetisch sehr aufwendig und die Raffinerien dafür, die gibts halt auch noch nicht. Das muss alles erst noch gebaut werden. Und es gibt auch schon gar keine, die mit Ökostrom laufen. Das findet man auch noch nicht. Das ist auch gar nicht so einfach, denn so viel Ökostrom haben wir in Deutschland gar nicht, um riesige Industrieanlagen damit zu betreiben. Das Problem haben wir ja jetzt schon, dass die Industrie weiterhin noch auf Kohle setzt. Und wenn man sich jetzt vorstellt, da kommen neue riesige Fertigungsanlagen oder beziehungsweise Fabriken hinzu, die E-Fuels herstellen, ja, wo soll da der Strom herkommen?

00:03:04: Richard Gutjahr: Ich wusste, dass da ein Haken dran ist. Das heißt also, man muss diese Industrieanlagen erstmal bauen und dann mit Ökostrom betreiben, sonst ergibt das Ganze überhaupt keinen Sinn. Und das ist auch einer der Gründe, warum Porsche beispielsweise gerade eine solche Fabrik in Chile aufbaut. Da hat man sich ein Grundstück gekauft, das genug Sonne und auch Wind hat, um eine riesige technische Anlage zu betreiben. Und die soll dann E-Fuels in größeren Mengen herstellen.

00:03:34: Don Dahlmann: Ja, das Argument der Befürworter von E-Fuels ist ja, dass man damit ganze Flotten auf einen Schlag mehr oder weniger CO2-neutral fahren lassen kann. Weltweit gibt es über eine Milliarde Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und die werden ja nicht von heute auf morgen austauschbar sein. Da kann man nicht einfach jedem sagen: Hier ist ein E-Auto, musst du jetzt kaufen und so weiter. Das geht ja nicht. Also, E-Fuels wären hier theoretisch 'ne Lösung, wie man die Flotte CO2-neutral bekommt. Ein weiterer Vorteil: Tanken könnte man diesen Ökosprit dann tatsächlich an jeder Tankstelle. Da muss man einfach nur den alten Sprit raus, den neuen quasi rein, den hübschen neuen Ökosprit und man benötigt keine neue Infrastruktur.

00:04:12: Richard Gutjahr: Ich bleibe Optimist, Don. Das klingt doch alles super. Also Ökosprit aus erneuerbaren Energien, kleine oder keine Ausgaben für die Infrastruktur und fast alle Gebrauchtwagen könnten dann umweltverträglich mit E-Fuels betrieben werden. Aber auch hier gibt es wahrscheinlich einen Haken, oder?

00:04:33: Don Dahlmann: Ja, ja, das klingt alles super, aber leider, leider, leider ist es das nicht. Denn man muss sich zwei Dinge genau anschauen: Zum einen ist die Frage, woraus werden E-Fuels überhaupt hergestellt? Und da sieht man ganz schnell, dass man dafür erst einmal Wasserstoff produzieren muss, der dann zu dem eigentlichen synthetischen Sprit umgewandelt wird. Wir hatten auch schon mal über Wasserstoff gesprochen und auch schon geredet darüber, wie schwierig die Herstellung ist, dass es auch noch keine grüne Wasserstoff-Manufaktur gibt. Denn leider ist die Herstellung von Wasserstoff eben sehr energieaufwendig. Man benötigt etwa fünfmal so viel Strom, um alleine den Wasserstoff herzustellen, im Vergleich zur Herstellung von normalem Strom. Also ich brauch fünfmal so viel Windanlagen, um die gleiche Menge Energie herzustellen, den ich da mit Wasserstoff erreiche. Und es ist ja auch logisch. Ein E-Auto nimmt den Strom quasi direkt aus der Steckdose, direkt von der Windkraft oder Solaranlage ab. Für den Wasserstoff muss ich den Strom erst mal nehmen, um etwas herzustellen, was dann weniger energetische Leistung hat als das Ausgangsprodukt. Und da sieht man dann eben schon, wo das Problem liegt.

00:05:38: Richard Gutjahr: Daraus ergibt sich dann logischerweise auch gleich das zweite Problem. Nicht nur benötigt man mehr Strom zur Herstellung, der sogenannte Wirkungsgrad – und auch über den haben wir ja auch schon mal bei Wasserstoff geredet – ist bei E-Fuels verhältnismäßig schlecht, um nicht zu sagen miserabel. Also, unter einem Wirkungsgrad, um das nochmal kurz zu wiederholen, versteht man ja, wie effizient die Energie, die mir dann am Ende zur Verfügung steht, dann ist. Also wieviel Energie ich brauche, um ein Fahrzeug, sagen wir mal ein Meter nach vorwärts zu bewegen. Und ein E-Auto nutzt 70 bis 80 Prozent der Energie, die man in das Auto einführt, um eben voranzukommen. Beim Wasserstoffantrieb sind es gerade mal 36 Prozent. Ein Verbrennungsmotor, der hat einen Wirkungsgrad von 31 Prozent - das heißt der Rest geht in heiße Luft. Und ein Motor mit E-Fuels, der ist noch schlechter, und da liegt der Wirkungsgrad bei sage und schreibe 15 mickrigen Prozent.

00:06:39: Don Dahlmann: Genau. Mit anderen Worten, um sich das auch nochmal ein bisschen genauer zu verdeutlichen: 85 Prozent der gesamten Energie geht einfach flöten. Man verballert jede Menge des sehr teuren Solar- und Windstroms, um etwas herzustellen, das dann am Ende auch noch extrem teuer ist und wenig Wirkungsgrad hat. Ein Liter von den E-Fuels soll, das ist so eine Einschätzung der Bundesregierung und verschiedener anderen Stellen, der soll am Ende rund 4,50 Euro kosten, Stand jetzt. Mit zunehmender Produktion soll das natürlich günstiger werden. Dann geht man doch immer noch von 2 bis 2,50 Euro aus. Da der Wirkungsgrad nur halb so gut ist, wie beim herkömmlichen Sprit, verbraucht man am Ende natürlich auch doppelt so viel. Aus fünf Litern werden dann eben zehn Liter für die gleiche Strecke. Und dann fragt man sich halt: Wer soll das dann noch bezahlen?

00:07:25: Richard Gutjahr: Eine andere Frage ist sicherlich auch noch, wo der ganze Ökostrom für die Herstellung überhaupt herkommen soll. Wir wissen ja, dass wir in der EU bis 2050 kaum genug Ökostrom herstellen können, um unsere heutigen Strombedürfnisse decken zu können. Wenn wir jetzt also noch Industrieanlagen installieren, die fünfmal mehr Strom benötigen, um die gleiche Menge von Strom herzustellen oder Energie herzustellen, dann haben wir einfach nicht genug für die Schwerindustrie, um auch diese Rechnungen zu zahlen. Das heißt also, das Ganze geht einfach schlicht und ergreifend zum heutigen technischen Standpunkt jedenfalls noch nicht auf.

00:08:15: Don Dahlmann: Man muss natürlich dazu sagen, dass sich E-Fuels relativ leicht transportieren lassen. Da kann man, wie gesagt, die normale Infrastruktur benutzen. Man muss die Fabriken auch nicht zwingend in Deutschland bauen. Ebenso ist denkbar, dass Länder, die viel Sonne und Wind haben - wir hatten über Chile gesprochen, Saudi-Arabien, ganze Nordafrika und so weiter, das ist ja auch so 'ne Möglichkeit - die können diese Anlagen bauen, würden den Sprit dann per Schiff transportieren. Aber, da wären wir dann auch schon wieder bei einem Sektor, der für die E-Fuels tatsächlich Sinn ergibt: Schwertransport, Flugzeuge, Schiffe. Denn es macht ja relativ wenig Sinn Ökostrom herzustellen oder einen Ökosprit herzustellen irgendwo und dann muss er aufwendig mit einem riesigen Schiff, das Schweröl verbrennt, transportiert werden. Da versaue ich mir dann wieder die gesamte Ökobilanz.

00:09:00: Richard Gutjahr: Also hier für diesen Transport wären E-Fuels tatsächlich eine Lösung, denn mit Elektroantrieb wäre so etwas kaum zu betreiben. Das gilt vor allem natürlich für die großen Containerschiffe, du hast es schon gesagt, aber auch Flugzeuge zum Beispiel. Die Akkus sind schlicht und ergreifend einfach zu schwer für einen Airbus, der jetzt sagen wir mal 400 Menschen über 10.000 Kilometer transportieren soll. Man will ja auch nicht alle 400 Kilometer irgendwo zwischenlanden, damit das Flugzeug dann fünf Stunden aufgeladen wird. Also hier wird man definitiv andere Lösungen benötigen.

00:09:29: Don Dahlmann: Stimmt genau. Da gibt's zwar schon Lösungen für ganz kleine Flugzeuge, die ein paar Leute über 100 Kilometer mit einem elektrischen Antrieb transportieren können, aber mehr geht nicht. Wir kennen alle diese Volocopter, also diese kleinen Flugtaxis, die dann 3-4 Leute transportieren können. Das DLR, das Deutsche Luft und Raumfahrtzentrum arbeitet an dem Wasserstoffantrieb. Da gibt's schon Überlegungen, aber das wie gesagt nicht für große Flugzeuge. Hier wird man ganz dringend E-Fuels benötigen, damit der Flugverkehr ökologisch sein kann. Tatsächlich setzen verschiedene Airlines, darunter unter anderem auch die Deutsche Lufthansa, schon bei einigen Flügen E-Fuels ein und das also zumindest bisher völlig problemlos.

00:10:05: Richard Gutjahr: Bei Schiffen, da wird's dann nochmal so ein bisschen schwierig. Denn das Schweröl, das die meisten Schiffe ja heute verwenden, das lässt sich nicht so leicht ersetzen, weil es eben auch große Reichweiten ermöglicht, ohne dass man jetzt zwischendrin irgendwo nachtanken muss. Also, anders kämen ja auch diese gigantischen Containerschiffe, die dann von Shanghai bis nach Hamburg fahren, auch gar nicht ans Ziel. Allerdings bieten E-Fuels ja auch eine andere Chance.

00:10:31: Don Dahlmann: Genau, E-Fuels könnte man bei Schiffen einsetzen, haben aber dann etwas geringere Reichweite, hatten wir drüber gesprochen. Da müssen sie einmal mehr in den Hafen rein, aber ich denke, das lässt sich dann auch schon verkraften. E-Fuels haben aber auch noch eine andere Einsatzmöglichkeit, denn die LKW-Branche, da wird es auch schwierig mit der Elektromobilität. Es gibt zwar die ersten Trucks, die haben so eine Reichweite von 400 Kilometern und können dann auch tatsächlich bis zu 40 Tonnen transportieren - also, so der klassische europäische LKW. Aber man darf nicht vergessen, dass viele Güter auf der Langstrecke transportiert werden. Und moderne LKW haben eine Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern. Das heißt, sie können theoretisch 2.500 Kilometer durchballern. Klar, das machen sie natürlich nicht wegen Fahrzeitregelung und so weiter. Aber, innerhalb der zugelassenen Fahrzeit kommen die eben auch auf 800 Kilometer. Das müssen E-LKW auch erreichen, aber da sind wir noch sehr weit weg. Dazu kommen dann natürlich die ultralangen Ladezeiten, die man dann hat, wenn man so eine riesige Batterie wieder vollladen will.

00:11:29: Richard Gutjahr: Ja und bei den LKW, die müssen ja, um rentabel zu sein, so wenig wie möglich stehen. Also die müssen ja eigentlich permanent auf Achse sein. Und gerade bei den langen Ladezeiten für Elektroautos, das würde sich kaum rechnen für einen Spediteur. Aber E-Fuels, die lassen sich ja schnell in den Tank packen. Und das könnte so eine Übergangslösung sein für die großen Speditionen.

00:11:51: Don Dahlmann: Ja, aber da stellt sich dann eben die Frage, warum man dann nicht direkt auf den Wasserstoffantrieb setzt. Ich meine, für E-Fuels muss man Wasserstoff herstellen. Warum dann nochmal extra quasi dann den Wasserstoff nochmal in E-Fuels umwandeln? Also, da kann man auch den Wasserstoff direkt verfeuern, anstatt irgendwie da die Energie noch oder den teuren Ökostrom eben noch zu ballern, der am Ende eben auch noch weniger Wirkungsgrad hat als der Wasserstoff.

00:12:15: Richard Gutjahr: Also du sagst also, das ist dann definitiv mindestens eine Umdrehung zu viel. Okay, stimme ich zu. Aber vielleicht sollte man einfach generell überlegen, ob man manche Güter dann nicht doch einfach auf die Schiene setzt und sie dann eben die letzten paar hundert Kilometer dann mit einem elektrischen LKW transportiert. Das wäre vielleicht am Ende sogar die beste Lösung.

00:12:38: Don Dahlmann: Genau, da gebe ich dir auch völlig recht. Fassen wir am Ende dieser Folge mal zusammen. Erstens: E-Fuels benötigen für ihre Herstellung enorme Mengen an erneuerbaren Energien, die wir nicht haben.

00:12:49: Richard Gutjahr: Zweitens: Der Wirkungsgrad von E-Fuels ist miserabel. Die Herstellungskosten sind zu hoch und am Ende zahlt der Autofahrer viermal mehr für die gleiche Strecke im Vergleich zum E-Auto.

00:13:00: Don Dahlmann: Und drittens: Flugzeuge und Schiffe werden ohne E-Fuels, Stand der heutigen Technik, allerdings nicht klimaneutral unterwegs sein können. E-Fuels scheinen hier im Moment zumindest eine gangbare Lösung zu sein

00:13:12: Richard Gutjahr: Und ich möchte hier nochmal anmerken, dass ein Elektroauto und ein Elektromotor deutlich günstiger in Sachen Wartung ist. Was alles an einem Verbrenner kaputt gehen kann über die Zeit, das wissen wir ja alle und wir sollten froh sein, wenn wir die Dinger endlich los sind.

00:13:27: Don Dahlmann: Das war's auch schon wieder für diese Woche. Wer Fragen hat, der erreicht uns bei Twitter unser @DonDahlmann oder den Richard, den bekommt man unter @gutjahr. Bis zum nächsten Mal allseits volle Akkus und natürlich gute Fahrt.

00:13:38: Richard Gutjahr: Möge der Saft mit euch sein.

Über diesen Podcast

Elektromobilität gilt als Antrieb der Zukunft. Die Experten Richard Gutjahr und Don Dahlmann geben im Podcast Antworten auf die wichtigsten Fragen: Wie gut ist der E-Antrieb momentan? Welche Vor- und Nachteile gibt es? Und: Für wen lohnt sich jetzt schon der Umstieg?

von und mit Don Dahlmann, Richard Gutjahr & t-online

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