t-online Ladezeit

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der Podcast über Elektromobilität

Transkript

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00:00:50: Don Dahlmann: Hallo und herzlich Willkommen zu "t-online Ladezeit", dem Podcast rund ums E-Auto und alles, was man dazu wissen muss. Mein Name ist Don Dahlmann.

00:00:59: Richard Gutjahr: Und mein Name ist Richard Gutjahr. Don und ich, wir sind Journalisten. Wir beschäftigen uns seit Jahren mit neuer Technologie, mit der Digitalisierung, mit Netzwerken, mit Autos und natürlich mit der Mobilität der Zukunft.

00:01:09: Don Dahlmann: Genau. Und in diesem Podcast wollen wir Fragen behandelt, die vermutlich jeder von uns hat, wenn man vom Verbrenner umsteigen will zu einem E-Auto. Also, auf was muss man da alles achten. Elektroautofahrer kennen zum Beispiel ein Problem: Man ist immer auf der Suche nach einer Ladesäule und zack, steht da schon ein anderes Auto. Es gibt immer noch zu wenig Ladesäulen in Deutschland, ganz eindeutig. Und das ist ein Problem, das allgemein bekannt ist. Das Ärgernis ist hausgemacht beziehungsweise, die Politik ist hier schuld. Und darum soll es auch heute gehen: Was muss passieren, damit die Lage für die E-Autos besser wird? Richard, du so als langjähriger E-Autofahrer, du hast wahrscheinlich ein ganzes Buch, was du schreiben könntest über diese Probleme.

00:01:50: Richard Gutjahr: Ja. Konzentrieren wir uns mal auf Band eins, das ist die Ladeinfrastruktur und die liegt nun wirklich im Argen. Da geht's gar nicht mal so sehr darum, dass es zu wenig Ladepunkte in Deutschland gibt – immerhin so 20.000. Das ist eine Menge. Damit kommt man schon gut über auch Langstrecken hinweg. Das Problem ist vielmehr, dass die oft sehr schlampig bis gar nicht gewartet werden. Die sind oft kaputt. Lange Rede, kurzer Sinn: Warum ist die Lage so desolat? Ganz einfach: Der Staat hat öffentliche Ladepunkte gefördert. Das heißt also, große Industriebetriebe sind hingegangen und haben da eine Ladesäule hingestellt, haben das Geld eingestrichen. Aber was danach damit passiert ist, das interessiert die herzlich wenig. Deswegen steht so eine defekte Ladesäule auch gerne mal mehrere Wochen, wir haben sogar schon Monate gemessen, defekt in der Landschaft und der Antrieb, das zu reparieren, zu pflegen, zu warten, auch die Hotlines entsprechend zu besetzen, der ist gleich null. Das Geld ist schon vergeben worden und danach gibt's keine wirkliche Motivation für den Ladesäulenbetreiber, das Ding wieder verkehrstauglich zu machen.

00:02:49: Don Dahlmann: Das ist ein allgemein bekanntes Problem und irgendwie ist es ja auch erstaunlich. Also die ganze Sache mit der Elektromobilität finde ich manchmal erstaunlich. Die Bundeskanzlerin Merkel hatte ja schon, ich glaube, 2011 gefordert, dass bis 2020 mehr als eine Million E-Autos auf deutschen Straßen unterwegs sein sollten. Da gab es also eine klare Richtung, aber passiert ist dann halt wirklich jahrelang nichts. Wir hätten also schon vor Jahren mit dem Umbau der Infrastruktur bei den Stromnetzen starten können, wir hatten die Ladesäulen und so weiter. Wir könnten echt viel weiter sein.

00:03:18: Richard Gutjahr: Aber da muss man natürlich auch sagen, das war immer so ein bisschen dieses berühmte Henne-Ei-Problem. Also, die einen haben gesagt: wenn es keine Infrastruktur gibt, dann bauen wir auch keine Autos. Und wenn die Autos dann kommen, dann hieß es: ja, aber es gibt ja keine Infrastruktur. Irgendjemand muss die Sache also mal starten. Und am besten wäre es natürlich, wenn man das parallel gemeinsam macht.

00:03:38: Don Dahlmann: Was jetzt ja auch passiert. Also es gibt Konsortien, die die Ladesäulen bauen. Der Staat investiert viel Geld in die Kaufprämien und so weiter und noch vieles mehr. Aber auf der anderen Seite hat die Autoindustrie meiner Meinung nach eben auch einfach lange nichts getan – mit einer rühmlichen Ausnahme, zumindest kurzzeitig: BMW. Die haben ja 2012 den i3 auf den Markt gebracht. Und man muss das Auto jetzt in Sachen Design nicht mögen, ich fand es immer ein bisschen schwierig, aber bei der Technik war man damals echt sehr weit vorne.

00:04:05: Richard Gutjahr: Ich hab den i3 geliebt. Also, ich hab den selber jahrelang gefahren und das war ein wirklich tolles Auto. Aber du hast es schon gesagt, war 2012. In den letzten 10 Jahren ist da sehr wenig passiert – leider auch nicht bei BMW. Die haben also quasi danach das ganze Programm eingefroren, und sind jetzt natürlich auch ins Hintertreffen gelangt, was Elektromobilität betrifft.

00:04:26: Don Dahlmann: Also den Vorsprung, den man hatte, hat man so ein bisschen verspielt. Und hier ist dann eben die Frage: Hätte der Staat dann mehr Förderung bereitstellen müssen?

00:04:32: Richard Gutjahr: Hätte, hätte, Fahrradklingel. Ich glaube, dass wir einfach jetzt einen Strich ziehen müssen und nach vorne gucken müssen. Also, vor allem: Was machen wir denn jetzt, damit die deutsche Automobilindustrie und vor allem natürlich auch jeder Autofahrer und Autofahrerin in unserem Land Elektromobilität wirklich auch jetzt angehen können?

00:04:51: Don Dahlmann: Ja, was würdest du denn zum Beispiel vorschlagen?

00:04:54: Don Dahlmann: Ich glaube, sehr viel, was du auch schon erwähnt hattest vorhin, hat vor allem was mit der Autolobby zu tun, die bei uns im Grunde genommen ja eine Drehtür ins Kanzleramt hat und auch wieder zurück. Also, wenn man sich mal anschaut, wie die Minister und Staatssekretäre dann später in der Automobilindustrie sich nochmal irgendwie ein schönes Pöstchen sichern – Wissmann war einer dieser Minister, Sigmar Gabriel war im Gespräch neuer Autoverbandspräsident zu werden –, das geht nicht. Also, da muss eine ganz klare Regelung her, dass es also keine Postenschachereien mehr gibt. Das muss dringend eingebremst werden. Wir schauen einmal irgendwie nach Norwegen und da scheint das ja ganz anders zu laufen und zu klappen. Die haben viel Geld noch aus der Ölindustrie-Zeit, aber die haben dann wenigstens die richtigen Schritte eingeleitet. Und zu diesen richtigen Schritten gehört einfach, dass sie Benzin und Diesel teuer gemacht haben und den Strom und die E-Autos billiger gemacht haben. Das geschieht hierzulande noch, glaube ich, zu wenig.

00:05:52: Don Dahlmann: Ja, das ist eine interessante Auflistung, die du da gegeben hast. Und ich stimme dir in vielen Dingen auch zu. Ich denke, dass es vor allem wichtig ist, dass man aufhört, die staatlichen Subventionen... Dass man das ein bisschen verändert: also weg vom Verbrenner, hin zum E-Auto sein. Also, anstatt immer weiterhin noch Geld in den Verbrenner reinzustecken, sollte man das Geld eben in die Entwicklung der E-Autos und die Entwicklung der Infrastruktur weiterschieben. Das gilt vor allem für die laufenden Kosten. Und was ich jetzt sage, ist vermutlich extrem unpopulär, aber ich glaube, dass das Benzin noch zu günstig ist.

00:06:25: Richard Gutjahr: Da würde ich dir zustimmen. Aber jetzt bekommen wir natürlich sehr, sehr viele Mails.

00:06:29: Don Dahlmann: Es gibt ja auch diverse Gründe, warum so günstig ist, aber es ist zu günstig. Nimmt man die Steuern weg, also die machen rund 70 Prozent des Preises aus, landet man bei knapp 50 Cent pro Liter in Deutschland, also für Benzin. Ein Liter Mineralwasser, das in Deutschland produziert wird, das kostet manchmal mehr. Und man darf ja auch nicht vergessen: Fossile Brennstoffe haben ja wegen ihrer Emissionen auch hohe Folgekosten für die Umwelt. Die müsste man eigentlich in den Benzinpreis komplett mit einberechnen. Und dann hätte man vielleicht einen realistischen Preis von zwei Euro oder sowas. Ich fände das auch ein bisschen fair. Die Autofahrer zahlen ja mit der EEG-Umlage auch mehr, als der Strom eigentlich kostet. Da muss also, finde ich, mehr Unterschied sein zwischen dem Strompreis, also Kilowatt/Kilometer und so weiter und dem Liter Sprit. Wie gesagt, ich weiß, dass viele Autofahrer jetzt sagen, aber das kann ich aber dann gar nicht mehr finanzieren so ein Verbrennungsauto. Und ja, das ist ja dann auch so ein bisschen Sinn der Sache, denn man soll ja, sich mal drüber Gedanken machen, wie die Zukunft aussieht.

00:07:25: Richard Gutjahr: Ich glaube, es geht vor allem darum, dass man jetzt nicht den Menschen das Auto wegnehmen will oder madig machen will. Man muss halt für eine entsprechende Alternative sorgen, die dann im Zweifel vielleicht sogar günstiger ist als das, was man eben früher in seinen Diesel oder in seinen Benzintank gefüllt hat. Und darum geht's doch.

00:07:41: Don Dahlmann: Genau. Es würde die Nachfrage ankurbeln, wenn du die Subvention ein bisschen verschiebst – auch wegen der Steuererleichterungen natürlich für die E-Autos. Es muss klar sein, dass ein E-Auto deutlich günstiger ist als ein Verbrenner. Jetzt nicht nur vom Kaufpreis her, sondern eben auch von Umweltgesichtspunkten her.

00:08:32: Richard Gutjahr: Dann müssen wir uns noch eine zweite Baustelle angucken, hat weniger mit dem Staat zu tun als mit den Autoherstellern, mit der Autoindustrie. Da gibt es zwar viele Modelle, aber die werden bei weitem nicht in den Stückzahlen hergestellt, die man jetzt eigentlich benötigen würde für den Umstieg. Auf manche Fahrzeuge, wir haben es ja schon oft thematisiert, wartet man bis zu ein Jahr, bis man die dann bekommt nach der Bestellung. Die Gründe sind vielschichtig, aber viele hängen auch meistens damit zusammen, dass es die Industrie einfach versäumt hat, rechtzeitig eben auf E-Autos umzurüsten. Und bei vielen Herstellern hat man ja auch das Gefühl, dass sie das nur sehr, sehr widerwillig machen.

00:09:07: Don Dahlmann: Ja, das ist ein Ärgernis. Einige haben wirklich viel Zeit benötigt zu verstehen, dass sich da was verändert hat. Der Dieselskandal 2015 hat da viel in Bewegung gesetzt, aber das hätte man auch schon vorhersehen können. Und selbst nach dem Dieselskandal haben viele nur das Nötigste gemacht und Investitionen verschleppt. Das ist diese typisch kurzfristige Denkweise, die nur die Einnahmen des laufenden Jahres im Blick hatte, also nicht die langfristigen Prognosen. Und auf der anderen Seite – ja, da hat die Autoindustrie dann ein bisschen Recht mit ihren Klagen –, die Nachfrage nach den Akkus, die ist so hoch, dass man mit der Produktion nicht hinterherkommt. Und deswegen ist es eben auch schwierig, E-Autos im Moment zu bauen.

00:09:44: Richard Gutjahr: Naja, Tesla hat deswegen seine Akkus einfach selber gebaut. Also hätte man natürlich auch machen können, bei einer gut gefüllten Kriegskasse, die die Autoindustrie in den letzten 20, 30 Jahren sicherlich hatte – konnten da wirklich nicht klagen. Aber, wenn man dann halt auch bei einem Zulieferer nicht früh genug bestellt und die Akkus eben Mangelware sind, dann darf man sich natürlich auch nicht wundern. Und dann haben wir wieder ein Henne-Ei-Prinzip: Wenn es keine Akkus gibt, gibt's auch keine Autos, kann man die Produktion auch nicht umstellen, und so verschleppt sich dieses Problem einfach um mehrere Jahre.

00:10:15: Don Dahlmann: Ja richtig. Man muss da normalerweise eben auch wirklich lange im Voraus planen. In dem Zusammenhang muss man dann eben tatsächlich China loben. Die haben früh angefangen und haben verstanden, dass man E-Autos fördern muss, um den Wandel zu schaffen. Das System in China ist jetzt sicher deutlich anders und da gibt's viel zu kritisieren, aber sie haben eben früh gesehen, dass immer mehr Verbrenner nicht gut für die Umwelt sind. Die Städte waren ja schon vor Jahren in China verstopft, und sie haben auch das Luftverschmutzungsproblem schon sehr stark gehabt. Und sie haben verstanden, dass es wichtig ist, die neuen Technologien frühzeitig zu entwickeln, um genau da Weltmarktführer zu werden. Und bei den Batterien, da hat das schon geklappt.

00:10:56: Richard Gutjahr: Naja, das ist etwas, das man in den letzten Jahren an der deutschen Industrie tatsächlich kritisieren muss: diese Zurückhaltung bei der Entwicklung neuer Antriebstechnologien jenseits von Benzin und Diesel. Hier hat man tatsächlich ein komplettes Jahrzehnt im Grunde genommen verschenkt.

00:11:13: Don Dahlmann: Ja, das ist zum Beispiel... Also, bei der Batterie Herstellung hab ich das zum Beispiel nie verstanden. Also, wir sind ja abhängig von den ölexportierenden Staaten, ist ja klar. Jetzt kommt eine neue Technologie – E-Autos, Batterien und so weiter – und jetzt hat man plötzlich die Chance zu sagen: Oh, Moment mal, das ist eine komplett neue Technologie, wenn wir da einsteigen, da können wir selber Exporteur werden. Oder vor allen Dingen: Wir können uns unabhängig machen von anderen Nationen oder anderen Wirtschaftsräumen und können das selber herstellen. Bis heute gibt es keine europäische Batteriefertigung. Also, die Batteriefabriken, die es in Europa gibt, kommen von ausländischen Investoren. Da sind die Chinesen sehr groß drin, aber auch Korea mit LG und so weiter. Aber wir haben das in Deutschland nie gemacht. Und es hat seit Jahren Forderungen der EU gegeben: Bitte baut eine europäische Batterieproduktion auf. Und es hat nie einer gemacht. Bosch hat vor zwei Jahren die Segel gestrichen, weil sie gesagt haben: Ja, das kostet aber viel Geld, wenn wir jetzt da rein investieren. Also das ist so kurzfristiges Denken, und so'n überhaupt nicht langfristiges Denken, und auch kein strategisches Denken. Wenn jetzt irgendwie ein chinesischer Hersteller sagt, "ja wir brauchen im Moment halt mehr für unseren Markt", dann... Wir wissen ja, wie es dann funktioniert. Ich hab mal mit einem Mitarbeiter von einem großen Hersteller gesprochen, der hat mir gesagt: Ja, man kann Verträge mit denen machen, aber das heißt nicht, dass die eingehalten werden. Es kann sein, dass der Preis dann plötzlich mitten in der Vertragslaufzeit nochmal steigt oder dass eine Charge nicht zu bekommen ist, weil staatliches Unternehmen Zugriff drauf hat und so weiter – also die haben da auch Probleme. Das hab ich nie verstanden, dass man eine eigene Batterieproduktion in Deutschland nicht mal vernünftig, oder in Europa wenigstens nicht vernünftig aufgestellt hat. Geht dir das ähnlich?

00:12:54: Richard Gutjahr: Naja, wir kriegen ja jetzt eine in Berlin oder in der Nähe von Berlin. Die kommt dann von Tesla und soll dann die weltweit modernste Batteriefabrik überhaupt werden. Da können wir uns auch freuen. Zumindest sind die Arbeitsplätze dann gesichert.

00:13:07: Don Dahlmann: Immerhin etwas, ja. Die Zukunft soll besser werden – hoffentlich auch für die Batterieproduktion. Aber ich hab so drei Dinge, die haben wir uns zumindest mal rausgesucht, die wir uns von Staat und Industrie wünschen.

00:13:17: Richard Gutjahr: Genau. Erstens: Wir bräuchten immer noch mehr Investitionen in die E-Mobilität. Ganz Deutschland und die Zulieferer hängen an der Automobilindustrie und deswegen ist das gut angelegtes Geld, damit auch die Käuferinnen und Käufer, und gerade auch die mit dem schmalen Geldbeutel, sich ein E-Auto und den Umstieg auf ein neues Auto leisten können.

00:13:37: Don Dahlmann: Genau. Zweitens sollte der Staat Vorbild sein. Fangt doch mal bitte an, Staat, alle Busse, alle Behördenfahrzeuge und alles was da so fährt, das sollte doch alles elektrisch sein. Das fördert auch den Verkauf.

00:13:48: Richard Gutjahr: Und drittens: mehr Mut von den Herstellern. Ja, Investitionen drücken das Jahresergebnis. Ist schon klar. Aber wer jetzt investiert, der wird in ein paar Jahren der ganz große Gewinner sein.

00:14:00: Don Dahlmann: Das war's dann auch schon wieder mit unserer Ärgernis-Folge quasi Teil 2, die wir in dieser Staffel haben. Aber, wer Fragen hat, der kann uns natürlich erreichen, wie immer via E-Mail unter ladezeit-podcast@t-online.de. Und bei Twitter geht das Ganze auch, gerne direkt. Mich erreicht man unter @DonDahlmann und den guten Richard, den erreicht man unter @gutjahr. Also, bis zum nicht mal allseits volle Akkus und gute Fahrt.

00:14:24: Richard Gutjahr: Macht's gut und möge der Saft mit euch sein.

Über diesen Podcast

Elektromobilität gilt als Antrieb der Zukunft. Die Experten Richard Gutjahr und Don Dahlmann geben im Podcast Antworten auf die wichtigsten Fragen: Wie gut ist der E-Antrieb momentan? Welche Vor- und Nachteile gibt es? Und: Für wen lohnt sich jetzt schon der Umstieg?

von und mit Don Dahlmann, Richard Gutjahr & t-online

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