t-online Ladezeit

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der Podcast über Elektromobilität

Transkript

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00:00:48: Don Dahlmann: Hallo und herzlich Willkommen zu "t-online Ladezeit", dem Podcast rund ums E-Auto und alles, was man dazu wissen muss. Mein Name ist Don Dahlmann.

00:00:57: Richard Gutjahr: Und mein Name ist Richard Gutjahr. Don und ich, wir sind Journalisten. Wir beschäftigen uns seit Jahren mit neuer Technologie, mit der Digitalisierung, mit Netzwerken und mit Autos und natürlich mit der Mobilität der Zukunft.

00:01:08: Don Dahlmann: In diesem Podcast wollen wir wie immer Fragen behandeln, die vermutlich jeder von uns hat, wenn man vom Verbrenner umsteigen will zu einem Elektroauto. Also, was muss man beim Kauf vom E-Auto alles beachten? Was gibt's da so alles? Wie sind die News in der Technologie und so weiter? Wir haben ja schon einige Folgen gemacht und ein Thema wurde immer wieder an uns herangetragen: der Wasserstoffantrieb. Dabei muss man aber direkt was erklären. Wasserstoff dient ja nicht als Verbrennung Material – damit hat die Autoindustrie mal herumexperimentiert, aber es wieder verworfen. Wenn wir heute über Wasserstoff reden, dann sprechen wir über die Brennstoffzelle.

00:01:43: Richard Gutjahr: Es ist also weiterhin ein E-Auto. Aber statt eines Akkus, der die Energie speichert, nimmt man eben eine Brennstoffzelle, die aus Wasserstoff Energie herstellt. Diese Energie wird dann an die Elektromotoren abgegeben und das Fahrzeug so angetrieben. Aber, wie funktioniert das eigentlich genau? Don, du hast ja gerade einen Film zu dem Thema Wasserstoff gedreht. Du müsstest dich doch da eigentlich ganz gut auskennen in Sachen Physik.

00:02:05: Don Dahlmann: Ich war in Physik immer ganz schlecht. Aber ja, ich habe einen Film gedreht dazu und hab mich sehr, sehr intensiv damit beschäftigt natürlich. Die Brennstoffzelle, die versteh sogar ich. In der Brennstoffzelle wird elektrischer Strom aus Wasserstoff gewonnen. Das geschieht durch die Umkehrung der Elektrolyse: Wasserstoff und Luftsauerstoff reagieren zu Wasser. Dabei entstehen Wärme und elektrische Energie - Letztere treibt den Elektromotor an. Übrig bleibt am Ende dann als Emission im Übrigen nur eins, Wasser.

00:02:36: Richard Gutjahr: Das klingt relativ simpel und auch vor allem toll, vor allem, wenn man am Ende ja dann wirklich nur reines Wasser übrig hat. Dazu kommt ja auch: So ein Wasserstoff Auto ist ja auch superschnell wieder aufgeladen, denn den tankt man ja an einer Tankstelle mit Wasserstoff und der Tank ist in nicht einmal fünf Minuten wieder voll. Also es fallen all die Ladezeiten weg, mit denen wir uns bei E-Autos sonst so rumschlagen, die man bei einem Akku hat. Aber: Wenn das jetzt alles so toll ist Don, warum haben wir denn dann nicht alle ein Wasserstoffauto?

00:03:05: Don Dahlmann: Gute Frage und eine einfache Antwort: Weil das mit dem Wasserstoff nicht ganz so einfache ist, wie es auf dem Papier aussieht – zumindest im Moment noch, denn da tut sich ja einiges beim Thema Wasserstoff. Aber wir reden ja über heute und nicht darüber, was vielleicht in zehn Jahren ist. Das größte Problem des Wasserstoffs ist seine Herstellung. Das ist im Moment leider alles andere als grün.

00:03:26: Richard Gutjahr: Über 90 Prozent des vorhandenen Wasserstoffs kommt aus industrieller Produktion. Also da kommt vor allem Kohle zum Einsatz, um diesen Wasserstoff herzustellen. Und das ist natürlich nicht Sinn der Sache, den man sich davon verspricht. Der Strom für die E-Autos dagegen, der kommt ja schon aus einem Strommix, der heute ja dem deutschen Strommix entspricht. Das sind also dann 40 Prozent, immerhin, erneuerbare Energien. Daher haben E-Autos mit einem Akku im Moment einen klaren Vorteil.

00:03:57: Don Dahlmann: Das ist absolut richtig und wir sind noch ein gutes Stück davon entfernt, Wasserstoff zu 100 Prozent regenerativ zu produzieren, aber da tut sich was. In Hamburg hat man gerade angekündigt, da wird in den nächsten Jahren eine riesige Wasserstofffabrik kommen, die rein regenerativ sein wird. Und ähnliche Pläne gibt's auch in vielen, vielen anderen Ländern. Südkorea hat zum Beispiel so einen Green Deal, wo sie auch sehr stark auf Wasserstoff setzen – Japan, China ist ähnlich.

00:04:22: Richard Gutjahr: Du weißt ich bin ja gegenüber Wasserstoffautos so ein bisschen kritisch, aber nehmen wir mal die Herstellung aus dieser Rechnung raus. Welche anderen Baustellen gibt es denn noch beim Thema Wasserstoff?

00:04:32: Don Dahlmann: Wir hatten ja schon erwähnt, dass man den Wasserstoff an der Tankstelle bekommt. Das ist ja erstmal schön. Und dass der Tankvorgang ähnlich ist wie bei einem Benziner oder wie bei einem Diesel, das ist auch toll. Aber, und jetzt kommt das große Aber: Dafür benötigt man eben Zapfsäulen und der Wasserstoff muss unter enormen Druck in die Tanks gepresst werden, genau sind das 700 bar, das ist also echt eine ganze Menge. Technisch ist das eigentlich unproblematisch, aber um den Druck zu erzeugen, benötigt man eine technische Anlage. Wenn man mal an so eine Tankstelle kommt, die Wasserstoff anbietet, es gibt ja schon einige in Deutschland, dann sieht man das auch, und diese Anlage, die ist enorm teuer. Eine Wasserstoff-Tankstelle kostet locker über eine Million Euro. Da warten also extreme Kosten, um eine flächendeckende Infrastruktur aufzubauen. Daran wird gearbeitet: In Deutschland gibt es schon knapp 100 Wasserstoff Tankstellen und damit kommt man tatsächlich locker durchs gesamte Land.

00:05:24: Richard Gutjahr: Okay, dann sagen wir doch einfach mal, dass das mit der Infrastruktur noch klappt. Gibt es denn sonst noch irgendwelche Hürden für den Einsatz von Wasserstoff im Auto?

00:05:35: Don Dahlmann: Da muss ich wieder sagen: Ja. Leider gibt's die, und die Brennstoffzelle ist es hier in dem Fall, die ein bisschen schwierig ist. Die ist ein bisschen kompliziert, die Brennstoffzelle. Die benötigt eine ideale Betriebstemperatur, um optimal zu arbeiten – wir reden hier über ein paar Grad nur – und dazu benötigt sie ein ziemlich komplexes Kühlsystem. Das ist nur die eine Sache. Die andere ist, dass man in der Brennstoffzelle Platin benötigt, damit sie funktioniert. Das ist jetzt nicht so ungewöhnlich, große Mengen sind es auch nicht. Platin hat man zum Beispiel auch im Katalysator. Aber Platin ist nun auch nicht gerade günstig und allzu viel gibt's davon auf der Welt auch nicht. Das alles macht die Brennstoffzelle noch sehr, sehr teuer. Und wir reden hier über Preise von 20.000 bis 30.000 Euro pro Brennstoffzelle.

00:06:21: Richard Gutjahr: Holla die Waldfee! Aber wie ich gehört habe, ist die Brennstoffzelle nicht so lange einsatzfähig wie ein Akku. Also das kommt nochmal obendrauf. Man muss die irgendwann mal austauschen.

00:06:31: Don Dahlmann: Ja, das stimmt, aber es gibt einfach noch zu wenig Daten dazu, was zu sagen. Also die Garantiezeiten für die Hersteller, also die schon Brennstoffautos haben, die liegen so über 150.000 Kilometer oder so. Und es gibt im Moment auch nur zwei Autos mit einer Brennstoffzelle, die man gerade kaufen kann, nämlich den Hyundai Nexo und den Toyota Mirai, und beide kosten so zwischen 60.000 und 80.000 Euro, ist also kein Pappenstiel.

00:07:29: Richard Gutjahr: Wir haben uns ja schon häufiger über Wasserstoffautos unterhalten, wie du weißt Don, denke ich, dass das mit der Brennstoffzelle und Wasserstoff für Pkws zumindest kompletter Quatsch ist, also: viel zu teuer, viel zu anfällig, du hast es selber gerade eben gesagt. Und was die Frage der Herstellung des Wasserstoff anbelangt: zu 90 Prozent also mit nicht-regenerativen Energien, zumindest heute im industriellen Standard. Das läuft noch nicht so richtig. Und vor allem stellt sich mir die Frage, warum etwas von Gas in Flüssigkeit und wieder zurück in Gas verwandeln, um ganz zum Schluss wieder Strom zu haben. Warum nicht gleich Strom laden? Also, deswegen bin ich für das reine Elektroauto mit Akku. Auf der anderen Seite und da hast du natürlich ein großes Argument für Wasserstoff: bei Lkw. Wenn es um Langstrecke geht und wirklich um richtig viel Power.

00:08:15: Don Dahlmann: Genau, und da sehen sehr, sehr viele Hersteller auch die eigentliche Zukunft der Brennstoffzelle. Um so einen 40-Tonner anzutreiben und eben wirklich eine gute Reichweite zu geben, benötigt man schon echt riesige Akkus – also, wir reden über einen Megawatt und mehr. Und der wiegt dann schnell mal mehr als 7 Tonnen. Also, das sind dann auch schon mal bis zu 10 Tonnen, die dann teilweise angegeben werden.

00:08:36: Richard Gutjahr: Und wir wissen ja alle: Lkw benötigen eine große Reichweite und vor allem schnelle Umlaufzeiten. Das heißt, wenn man so einen Akku dann wieder 10 Stunden lang laden müsste für einen Lkw, dann steht der Lkw einfach nur so rum und der Spediteur verliert sehr, sehr viel Geld. Gibt es denn überhaupt schon Lkw mit Wasserstoffantrieb?

00:08:54: Don Dahlmann: Ja, ja, ja, die gibt's schon. Es sind zwar noch nicht so viele, aber die gibt's schon. Daimler hat einen 7,5 Tonner vorgestellt, der immerhin 300 km weit kommt, das ist der FUSO – also, zusammen mit der Partnerfirma Mitsubishi. Und gleichzeitig arbeiten sie auch mit Volvo an richtig großen Brummis, die dann so richtig viel Ladung transportieren können. Von Hyundai gibt es ebenfalls einen Wasserstoff-Lkw und der wird sogar schon richtig in der Schweiz großflächig eingesetzt. Da haben sich einer privaten Initiative, muss man dazusagen, die großen Einzelhandelsketten zusammengeschlossen und die setzen jetzt Wasserstoff-Lkw für die ganz normale Lieferung von Gütern ein.

00:09:32: Richard Gutjahr: Es gibt ja schon kleinere Hersteller, die die Brennstoffzelle in Bussen zum Beispiel einsetzen – die fahren auch hier bei uns in München herum –, aber so ganz oft passiert das nicht. Das hat wahrscheinlich auch damit zu tun, dass die Brennstoffzelle eben viel wartungsintensiver ist und einen Betreiber im Zweifel auch mehr Geld kosten. Was ich mich frage: Wenn Wasserstoff auf so vielen Ebenen dem Akku zumindest heute noch unterlegen ist, warum, Don, bist du immer noch der Meinung, dass man in Wasserstoff investieren sollte?

00:09:59: Don Dahlmann: Weil Wasserstoff ein ganz hervorragender, wenn nicht sogar der beste Energiespeicher ist, den wir haben. Und wir werden für die erneuerbaren Energien wie Solar oder Wind Energiespeichermöglichkeiten benötigen. Bisher nutzen wir ja fossile Brennstoffe, die haben die Energie ja in sich, also Öl oder Kohle. Das ist ja quasi gebündelte Energie, und das verbrennen wir dann und dann setzen wir die Energie frei. Aber wie speichert man Sonnenenergie oder wie speichert man Wind? Und da kommt dann Wasserstoff ins Spiel. Mittels eines Elektrolyseur, das ist so ein technisches Gerät, kann man Wind, Solar und Wasser ohne große Verluste in Wasserstoff verwandeln. Also den Wasserstoff kann man dann verbrennen oder eben in der Brennstoffzelle in Strom verwandeln. Man kann den Wasserstoff bequem, mit relativ wenig Umbauaufwand, in existierenden Gasanlagen auch transportieren. Und daran wird sogar schon gearbeitet, es gibt verschiedene Konsortien, die das gerade prüfen. Und es gibt auch eine EU-Initiative, die wollen so grüne Korridore bauen, so von Spanien bis Polen und von Sizilien bis Norwegen und so weiter. Also das ist keine Zukunftsmusik, sondern das passiert gerade jetzt.

00:11:02: Richard Gutjahr: Du sagst also, wenn der Wasserstoff in Zukunft irgendwann mal eh da ist, dann kann man ihn ja auch gleich im Auto verwenden.

00:11:07: Don Dahlmann: So ein bisschen schon, aber ich glaub auch nicht, dass man jetzt in jeden Kleinwagen irgendwie eine Brennstoffzelle einbauen wird. Da wird es eine Nische geben. Aber für Lkw oder für Menschen, die zum Beispiel täglich sehr große Strecken zurücklegen müssen, da wird das schon eine Alternative sein. Das wird noch dauern. Also, wir reden jetzt nicht über 2025 oder so, sondern, sagen wir mal, 2030 oder vielleicht noch später.

00:11:28: Richard Gutjahr: Ich bleib trotzdem noch etwas skeptisch. Denn auch bei den Batterien ist ja noch längst nicht alles ausgereizt. Da macht man ja fantastische Fortschritte, gerade in den letzten Jahren. Da haben sich ja quasi die Ladezeiten halbiert und die Reichweiten verdoppelt. Da gibt es Akkus, die mehr Strom speichern und schneller geladen sind als noch vor zwei, drei Jahren. Und in zehn Jahren, wenn das also mit der Entwicklung so weitergeht, dann haben wir vielleicht einen Akku, den man vielleicht dann auch nur noch fünf Minuten laden muss auf 80 Prozent, und dann braucht man doch eigentlich gar keinen Wasserstoff mehr als Zwischenspeicher.

00:12:00: Don Dahlmann: Ja, bei den Batterien tut sich tatsächlich relativ viel. Ich habe gerade von einem israelischen Startup gehört, die haben eine Batterie vorgestellt, die sich in acht Minuten, nee, in sechs Minuten wieder voll aufladen lässt. Eine volle Ladung für einen E-Motorroller, also so ein kleines Ding. Und das Ding ist jetzt auch schon in der Serienproduktion – wird auch ganz normal auf einer Produktionslinie gebaut, bei einem chinesischen Batteriehersteller. Und dann gibt es so Nano-Batterien, die jetzt auch auf den Markt kommen. Die kann man sogar auch schon kaufen, so als kleinen Speicher für sein Handy und sowas. Also da tut sich eine ganze Menge bei den Batterien. Und was da in den nächsten 10 Jahren passieren wird, wissen wir auch nicht. Das Rennen um die richtige Technologie ist da sicher noch offen. Aber, das ist eben so mein Argument und eben auch im Zusammenhang mit dem Ökosystem von Wasserstoff eben um es als Energiespeicher zu nutzen: Ich denke eben, dass man offen sein sollte für verschiedene Systeme, weil wir verschiedene Anwendungsszenarien haben.

00:12:50: Richard Gutjahr: Ja, nur irgendwann mal muss man sich ja mal auf ein System erstmal festlegen, damit man überhaupt erst einmal mit etwas anfängt. Und das man, gebe ich dir absolut recht, die anderen Technologien da nicht aus dem Blickwinkel verliert, das ist wichtig und möge der Bessere gewinnen. Im Grunde genommen geht es ja sowieso am Ende um ein Ziel, man möchte das Problem des Klimawandels in den Griff bekommen und da ist es am Ende ja egal, welche Technologie sich da durchsetzt.

00:13:13: Don Dahlmann: Ja, und ein Argument möchte ich noch reinbringen: Wasserstoff ist zum Beispiel auch für kleinere Länder, die jetzt keine große eigene Infrastruktur haben, so ein Stromnetz und so weiter, für die ist das echt eine große Chance, weil du das eben ortsunabhängig einsetzen kannst. Also, du kannst so kleine... Es gibt so ein Berliner Startup, Boreal Light, die machen das schon. Die bauen so komplette Wasserreinigungsanlagen und Wasserstoffherstellungsanlagen. Das sind wirklich kleine Geräte, die sind auch nicht besonders teuer. Damit stellen sie einerseits sauberes Wasser her, andererseits kannst du damit eine Küche betreiben oder ein Haus heizen und sowas. Und das kannst du eben auch auf einer einsamen Insel machen, wo du gar keinen Stromanschluss hast. Und ich finde, dass das für so Länder, die jetzt nicht so eine große Infrastruktur haben und jetzt auch keine Atomkraftwerke bauen wollen und so weiter, ist das eine tolle Lösung.

00:13:57: Richard Gutjahr: Darauf heb ich die Tasse und trinke einen Schluck gutes deutsches Wasser.

00:14:02: Don Dahlmann: Gutes deutsches Wasser, das hilft. So, das war's dann auch schon wieder für diese Woche. Wer Fragen hat, auch zum Thema Wasserstoff natürlich, der erreicht uns via E-Mail unter ladezeit-podcast@t-online.de. Bei Twitter, da geht das auch. Da erreicht man uns direkt unter @DonDahlmann, und den Richard unter @gutjahr. Also, bis zum nächsten Mal, allseits volle Akkus und gute Fahrt.

00:14:25: Richard Gutjahr: Möge der Saft mit euch sein.

Über diesen Podcast

Elektromobilität gilt als Antrieb der Zukunft. Die Experten Richard Gutjahr und Don Dahlmann geben im Podcast Antworten auf die wichtigsten Fragen: Wie gut ist der E-Antrieb momentan? Welche Vor- und Nachteile gibt es? Und: Für wen lohnt sich jetzt schon der Umstieg?

von und mit Don Dahlmann, Richard Gutjahr & t-online

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